9. Mai 2020
Die Entscheidung der Bremer Ärztekammer vom September 2019, die „alberne Homöopathie“ aus der Weiterbildungsordnung (WBO) zu streichen, hat bundesweit große Zustimmung erfahren und dürfte viele Landesärztekammern motiviert haben, es den Bremern gleichzutun. So haben bis dato die LÄKn Nordrhein, Hessen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Niedersachsen ebenfalls diese gefährliche Heilslehre aus ihrer WBO entfernt. „Gefährlich“ deshalb, weil sie Patientinnen und Patienten im Vertrauen auf eine Wirksamkeit der Homöopathie davon abhalten kann, sinnvolle Maßnahme zu ergreifen. Das Erstaunen war groß, als sich andere Ärztekammern den Bremern nicht anschlossen, wie etwa die ÄK Baden-Württemberg im November vergangenen Jahres. Auch die ÄK Thüringen bekannte sich im März dieses Jahres mit denkbar knapper Ein-Stimmen-Mehrheit zum Erhalt der umstrittenen Zusatzbezeichung.
Weil die Entscheidungen über ärztliche Fortbildungsinhalte den einzelnen LÄKn obliegen, ist dieses Abstimmungsergebnis in mehrfacher Hinsicht als prekär einzuordnen. In Thüringen erworbene Zusatzbezeichungen „Homöopathie“ können bei der Niederlassung in einem anderen Bundesland nicht aberkannt werden. Dieses Faktum muss nicht als Vorteil föderaler Vielstimmigkeit gewertet werden, sondern offenbart eine Dysbalance im Mächteverhältnis Landesärztekammern zu Bundesärztekammer. Es ist daher aus Gründen der Glaubwürdigkeit und Transparenz wünschenswert, wenn Fortbildungsinhalte künftig nicht lokal, sondern zentral und bundeseinheitlich koordiniert werden, damit ein „Fortbildungstourismus“ ausbleibt.
Es ist nachvollziehbar, dass regional agierende Landesärztekammern strukturbedingte Vorteile besitzen. Doch bei der Definition fortbildungsrelevanter Inhalte erweist sich ein Pochen auf Regionalität schnell als Papiertiger. Weil Änderungen an einer landeseigenen WBO nur für das Prüfungskomitee des jeweilige Bundesland bindende Gültigkeit besitzen, entfalten sich dadurch keine allgemeine Wirkmächtigkeiten, sondern reduzieren sich durch die begrenzten Bedingungen lediglich auf einen Symbolcharakter ohne ausreichende Auswirkungen im Portfolio der Zusatzbezeichnungen im jeweiligen Bundesland.
Die Absicht, mit einer wirksamen Änderung der Weiterbildungsordnung auch eine Änderung des Angebots an abrechenbaren ärztlichen Leistungen und somit auch einen Bewusstseinswandel hin zu wissenschaftsorientierter Medizin zu bewirken, bleibt beim Festhalten an den jetzigen asymmetrischen Machtstrukturen nur hehrer Wunsch und ist im Gefolge einer föderal intonierten 16-Ton-Musik daher zum Scheitern verurteilt.
Einheit kann Leben retten!
Dr. Hans-Werner Bertelsen