Münsteraner Memorandum Homöopathie in der Apotheke

Autor:innen: Norbert Aust, Sabine Breiholz (Gastautorin), Edzard Ernst, Iris Hundertmark (Gastautorin), Oliver R. Scholz

Februar 2023

Zusammenfassung

Durch fragwürdige Regelungen im deutschen Arzneimittelrecht kann für Homöopathika der Status eines Arzneimittels erlangt werden, ohne dass ein valider Wirksamkeitsnachweis erbracht werden muss. Als Arzneimittel dürfen diese Präparate dann nur in Apotheken an die Kunden abgegeben werden, womit allerdings eine Verpflichtung entsteht, diese auf Wunsch bzw. Verordnung auch zu liefern. Es gibt jedoch eine nennenswerte Anzahl von Apotheken, die weit darüber hinausgehen und Homöopathika als sinnvolle Therapieoption bewerben, indem sie sie an prominenter Stelle in der Fensterauslage darbieten. Oder den Kunden wird die Anwendung empfohlen, es werden entsprechende Vortragsveranstaltungen unterstützt und vieles mehr. Oftmals werden sogar homöopathische Präparate nach eigener Rezeptur hergestellt und unter eigenem Namen vermarktet. 

Damit Apotheker und pharmazeutisch-technische Assistenten (PTAs) ihre wichtige Aufgabe in der ordnungsgemäßen Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln wahrnehmen können, müssen sie ein wissenschaftliches Studium der Pharmazie bzw. eine staatlich geregelte Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben. Hiermit soll gewährleistet werden, dass die Kunden entsprechend dem jeweils aktuellen Kenntnisstand über ihre Medikamente informiert und sachgerecht beraten werden. 

Nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung bzw. des Studiums sind PTAs und Apotheker ohne Zweifel in der Lage, zu erkennen, dass Homöopathika nicht über Placebo hinaus wirksam sein können. Sie weisen keinen nennenswerten Gehalt an Wirkstoffen auf – sofern etwa bei den als besonders wirksam geltenden Hochpotenzen überhaupt noch aktive Bestandteile vorhanden sind. Folglich handeln Apotheker und PTAs wider besseren Wissens zum Nachteil ihrer Kunden, wenn sie durch ihre Handlungen den Eindruck erwecken, dass Homöopathika eine sinnvolle Therapieoption darstellten und die Kunden dadurch zu Kauf und Anwendung animiert werden.

Homöopathika haben zwar in Abwesenheit von relevanten Mengen pharmakologisch wirksamer Substanzen in den Präparaten kein direktes Schadenspotenzial, dennoch ist ihre Verbreitung kritisch zu sehen. Nicht nur vergeht beim vergeblichen Abwarten einer Wirkung unnötig Zeit, die den Beginn einer wirksamen Therapie verzögern kann. Eine Hinwendung zur Homöopathie geht oftmals mit einer kritischen Distanz bis hin zur Ablehnung der Methoden und Errungenschaften der wissenschaftlich orientierten Medizin und des öffentlichen Gesundheitswesens einher, etwa wenn die Homöopathie als Gegenpol zu einer als bedrohlich dargestellten „Pharma-Mafia“ positioniert wird.

Der Münsteraner Kreis appelliert an die Apotheker und PTAs in Deutschland, Homöopathika nicht mehr als wirksame Therapieoption zu bewerben, sie nicht mehr in Eigenregie herzustellen und zu vermarkten und ihre Kunden dahingehend zu beraten, dass keine über Placebo hinausgehende Wirksamkeit homöopathischer Präparate gegeben ist. Die Apothekerkammern und andere Träger für Weiterbildungen werden aufgefordert, Lehrgänge zur Homöopathie nicht mehr anzubieten – allenfalls noch, wenn inhaltlich darauf abgezielt wird, die oftmals abstrusen Behauptungen der Anhänger überzeugend zu widerlegen.

Das gesamte Memorandum gibt er hier als pdf-Download.