Im Alltag haben sich Formulierungen breitgemacht, die die Homöopathie zu positiv darstellen. Beispiele dafür finden sich sogar in Medienbeiträgen, die die Homöopathie kritisch sehen. Der Münsteraner Kreis veröffentlicht nun ein Poster mit 10 Sprachverwirrungen und möglichen Alternativen.
In einem kürzlich erschienenen Newsletter des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte geht es um die Corona-Pandemie, speziell um die als „Long-Covid“ bekannten, vielfältigen Folgen einer Infektion. Dr. med. Ulf Riker, 2. Vorsitzender des Vereins, schreibt: „Hier öffnet sich ein weiteres Feld für die Homöopathie.“ Wer das nicht wahrhaben und „vernunftbegabten Menschen eine Heilmethode mies argumentieren“ wolle, sei ein „Homöopathie-Leugner“.
Sprache ist ein mächtiges Instrument. Der „Homöopathie-Leugner“, so suggeriert der Ausdruck, müsse wohl ähnlich verquer im Kopf sein wie der „Corona-Leugner“. Das ist nur ein aktuelles Sprachbeispiel von vielen, die die Homöopathie in einem warmen Licht zeigen: als rationale, der wissenschaftlichen Medizin zur Seite stehende, mithin ebenbürtige oder gar selbst wissenschaftlich fundierte Heilmethode. Doch das ist eine grobe Irreführung, denn Homöopathie ist Esoterik in Reinkultur. Sie beruht auf der Prämisse, dass geistartige Heilkräfte aus Substanzen frei werden, wenn man diese nur oft genug verdünnt und dabei ausreichend schüttelt.
Der Münsteraner Kreis hat nun solche Sprachbeispiele unter die Lupe genommen. Der informelle Zusammenschluss von Expertinnen und Experten setzt sich seit Juni 2016 kritisch mit der komplementären und alternativen Medizin auseinander. Er geht auf eine Initiative von Dr. Bettina Schöne-Seifert zurück, Professorin und Lehrstuhlinhaberin für Medizinethik an der Universität Münster. Im Februar 2018 forderte der Münsteraner Kreis, die Zusatzbezeichnung Homöopathie abzuschaffen, was inzwischen 10 Landesärztekammern umgesetzt haben.
Bei der aktuellen Auseinandersetzung mit den Sprachbeispielen fiel auf, dass beschönigende Formulierungen selbst in Medienbeiträgen zu finden sind, die eine mögliche Wirkung homöopathischer Präparate klar verneinen. „Offenbar haben sich Formulierungen aus der Werbe- und Verwirrsprache der Homöopathie so breitgemacht, dass sie selbst von Homöopathie-Kritikern nicht hinterfragt werden“, sagt Schöne-Seifert. „Wir hoffen, dass wir mit unserer Analyse für einen korrekten Sprachgebrauch sensibilisieren.“
Resultat der Arbeit ist ein Poster mit 10 Sprachverwirrungen plus möglichen Alternativen. Häufig zu finden ist beispielsweise die Formulierung „Homöopathika haben keinen bewiesenen Nutzen“. Irreführend ist die Formulierung deshalb, weil einschränkende Attribute wie „bewiesen“ andeuten, dass es doch einen Nutzen geben könnte, der eben nur noch nicht bewiesen ist. Genau das ist die Argumentation der Homöopathen. So bemüht auch Ulf Riker in seinem Newsletter die Mär vom „noch nicht entschlüsselten Wirkprinzip der Homöopathie“. Eine zutreffendere Formulierung wäre schlicht: „Homöopathika haben keinen Nutzen.“ Daran wird auch die Corona-Pandemie nichts ändern.
Das Poster kann unter der Nennung „© Münsteraner Kreis“ frei abgedruckt werden.
Kontakt: christian.weymayr [at] web.de, 01577 6811061