25. Oktober 2023
Der Münsteraner Kreis legt seine „Memoranden“ in Buchform vor – und beendet seine Tätigkeit in bisheriger Form
Sieben Jahre lang hat sich der Münsteraner Kreis mit kritischen Texten zu Wort gemeldet – mit Texten, die die verschiedenen Probleme der sogenannten Alternativmedizin adressieren. Meinungsstark, kondensiert und allgemeinverständlich argumentierend, sollten sie die interessierte Öffentlichkeit, die Politik und den Journalismus erreichen und aufrütteln.
Inhaltlich richten diese Memoranden sich gegen das Eindringen esoterischer Pseudomedizin in den akademischen Medizinbetrieb; gegen den patientenschädigenden Lobbyismus der Kügelchen-Welt; gegen unlautere Heilsversprechen und Wirksamkeitsbehauptungen; gegen das Bedienen nicht-aufgeklärter Patientenhoffnungen und die Adelung einer irrationalen Parallelwelt zur wissenschaftsorientierten konventionellen Medizin. Nun liegen alle diese Texte erstmals versammelt in Buchform vor und haben nicht an Aktualität verloren.
Das Wesentliche ist gesagt, aber die Resonanz vor allem in der Politik ist flau. Mit einer entsprechenden Mischung aus Stolz und Ernüchterung löst sich das interdisziplinäre Experten-Gremium nun auf. Wohl sind in den vergangenen drei Jahren 15 von insgesamt 17 Landesärztekammern dem Vorstoß Bremens darin gefolgt, endlich die ärztliche Zusatzausbildung für Homöopathie abzuschaffen: ein Relikt aus vorwissenschaftlichen Zeiten, das fast weltweit seinesgleichen gesucht hat. Aber noch immer besteht etwa die absurde deutsche Konstruktion der „besonderen Therapierichtungen“, mit deren Hilfe Präparate der Homöopathie, Anthroposophischen Medizin und Phytotherapie die etablierten Anforderungen an Wirksamkeitsnachweise umgehen dürfen. Noch immer hofieren viele Universitäten, Ärztekammern, Kassenärztliche Vereinigungen und Gesetzliche Krankenkassen die „Alternativmedizin“, die in Wahrheit doch nur „Schwurbelmedizin“ und „Quacksalberei“ ist. Diese gefährliche Toleranz betrifft Forschung, Lehre, Versorgung und Finanzierung. Der Ball, so der Münsteraner Kreis, liegt nun im Feld der Politik.
Münsteraner Memoranden – eine kritische Auseinandersetzung mit komplementärer und alternativer Medizin; Bettina Schöne-Seifert (Hrsg.) 172 Seiten; 2023; JMB Verlag. ISBN:978-3-95945-600-5. Preis 20,00€
Die Projekte im Einzelnen:
Februar 2023: Münsteraner Memorandum Homöopathie in der Apotheke, in dem dargestellt wird, dass Apotheken gezwungen sind, Homöopathika zu liefern, und dass eine nennenswerte Anzahl Apotheken weit darüber hinausgeht. Der Münsteraner Kreis appelliert an die Apotheker:innen und PTAs in Deutschland, Homöopathika nicht mehr als wirksame Therapieoption zu bewerben und sie nicht mehr in Eigenregie herzustellen und zu vermarkten.
Januar 2023: Münsteraner Memorandum Evidenzbasierte Medizin, in dem wir fordern, dass bei der Beurteilung von Behandlungsansätzen immer auch Plausibilitätsüberlegungen einfließen müssen, die sich auch auf Grundkonzepte etwa der Biologie, Biochemie und Physiologie stützen. Im Fall von sogenannter Alternativmedizin muss sich die Wissenschaftsgemeinschaft auf diese wissenschaftliche Gesamtevidenz berufen.
November 2022: Münsteraner Memorandum Anthroposophische Medizin, in dem wir die Anthroposophie und ihren Gründer Rudolf Steiner vorstellen. Steiner war – anders als seine Anhänger meinen – kein Wissenschaftler. Die sich auf Steiner berufende Anthroposophische Medizin entbehrt jeder Rationalität und ist mit ihrer wissenschaftsaversen und ausgeprägt esoterischen Grundausrichtung für Kranke und Ratsuchende nutzlos bis gefährlich.
Oktober 2022: Münsteraner Memorandum „Integrative Medizin“, in dem wir die verbreitete These vom ‚Besten beider Welten‘ hinterfragen, die die Integrative Medizin (IM) kennzeichnet. Entgegen anderslautenden Versprechungen hat IM kein erkennbares Potential zur Verbesserung der Medizin. Sie stiftet vielmehr Verwirrung und bringt Gefahren mit sich. Vor diesem Hintergrund ist zu fordern, dass IM auf allen Ebenen kritisch hinterfragt wird.
März 2022: Münsteraner Memorandum Wissenschaftsorientierte Medizin, in dem wir uns mit dem Anspruch der moderne akademische Medizin auseinandersetzen, die Erfolgsaussichten ihrer Behandlungsmaßnahmen nach dem jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand erklären und empirisch belegen zu können. Dieses Memorandum soll dazu dienen, die Ziele und Grundbegriffe der WOM im Spiegel der Covid-19-Pandemie darzulegen.
April 2021: Homöopathie – 10 Sprachverwirrungen. Eine Handreichung, in der wir auf Formulierungen aufmerksam machen möchten, die sich im allgemeinen Sprachgebrauch breitgemacht haben und sogar in Homöopathie-kritischen Medienbeiträgen verwendet werden, die jedoch aus der Werbe- und Verwirrsprache der Homöopathie stammen. Zu diesen Begriffen möchten wir Alternativen anbieten.
März 2018: Münsteraner Memorandum Homöopathie, in dem wir die Abschaffung der Zusatzbezeichnung Homöopathie fordern. Ärztekammern verleihen diese Zusatzbezeichnung Ärztinnen und Ärzte, die entsprechende Fortbildungen nachweisen. Dadurch bekommt die esoterische Heilslehre der Homöopathie einen seriösen Anstrich, der ihr in einem wissenschaftlich orientierten Gesundheitswesen nicht zusteht.
August 2017: Münsteraner Memorandum Heilpraktiker, in dem wir eine Abschaffung oder grundlegende Reform des Heilpraktikerberufs anregen. Wenn Sie das Memorandum unterstützen möchten, schreiben Sie bitte eine Mail an unterstuetzer [at] muensteraner-kreis.de.